Hallo zusammen,
am Sonntag ziehe ich um auf den Stellplatz an der Willy-Brandt-Allee. Der liegt direkt gegenüber der Altstadt, die ich natürlich auch ausführlich besichtige.
Fangen wir mit diesem Panorama an:
Wegen diesem Anblick will ich immer vorne sitzen, wenn es mit dem Bus in die Stadt geht. Von links nach rechts: Die Doppeltürme der Marienkirche, das Holstentor und der Turm der Petrikirche, heute ein Aussichtsturm.
Zum Wohnmobilstellplatz geht es vor dem Holstentor links ab.
Wer dieses Panorama sieht, der überquert gerade die Puppenbrücke und darauf steht er:
Von vorn sieht er ja ganz manierlich aus und ist auch unschwer als Merkur, der Gott des Handels, zu erkennen.
Aber von Hinten…
…auweia. Dazu schrieb schon vor vielen Jahren der Dichter Emanuel Geibel:
Zu Lübeck auf der Brücken, da steht der Gott Merkur.
Er zeigt in allen Stücken olympische Figur.
Er wußte nichts von Hemden in seiner Götterruh‘
Drum kehrt er allen Fremden den blanken Podex zu.
Im Holstentor…
…ist ein Museum und da will ich hinein.
Generationen von Lübecker Schülern haben sich in der Folterkammer gegruselt.
Eine andere Schülergeneration hat 1934 dieses Holzmodell der Stadt gebaut.
Im Nordturm geht es um Handel und Schiffahrt.
In einem anderen Raum sind Holstentor-Devotionalien zu sehen. Neben Farbeimern mit „Lübecker Weiß“ und Kissen in Holstentorform natürlich auch dieses Stück Papier, das wir früher alle gerne in der Tasche hatten.
Der „Kaak“ auf dem Marktplatz wurde in den Achtziger Jahren wieder aufgebaut.
Im unteren Teil waren und sind Marktstände, im Obergeschoss wurden früher Diebe und Kleinbetrüger an den Pranger gestellt.
Ich drehe mich um und sehe die Marienkirche (links) und daneben das Rathaus.
Nochmal das Rathaus, links die Gerichtslaube, daran anschließend das Lang- oder Danzelhus und rechts die sogenannte Kriegsstube.
Auf der anderen Seite vom Rathaus ist die Fußgängerzone in der „Breiten Straße“ mit der Rennaissancetreppe.
Vom „Schrangen“ aus kann man das gotische Strebewerk der Marienkirche sehr schön sehen. Das rote Dach im Vordergrund gehört zum Kanzleigebäude, einem Teil des Rathauses.
Am Ende des Kanzleigebäudes (übrigens mit nettem Café) geht es in die Mengstraße und nur ein paar Schritte zum Buddenbrockhaus.
Darin ist eine Ausstellung zur Familie Mann. In diesem Haus spielt der Roman „Die Buddenbrocks“. Tatsächlich war es das Haus der Großeltern von Thomas und Heinrich Mann. Aber es sind nur wenige Räume wie zur Zeit des Romans eingerichtet.
Zwischen Kanzleigebäude und Marienkirche…
…gehe ich zu deren Haupteingang. Daneben sitzt dieser Geselle auf einem langgestreckten Stein.
Und das ist seine Geschichte:
Im Südturm der Marienkirche liegen noch die Glocken, wie sie im März 1942 beim Bombenangriff auf Lübeck aus dem brennenden Turm abgestürzt sind.
Wie schon manche Bilder vermuten lassen, ist die Marienkirche wirklich groß, um nicht zu sagen riesig. Die beiden Türme sind fast 125 Meter hoch (nicht besteigbar) und das Kirchenschiff innen misst 38,5 Meter Höhe.
Aber auch das kleinste Lübecker Wahrzeichen findet sich hier, die Maus:
Sie sitzt an der linken unteren Ecke des Abendmahlsreliefs am Chorumgang und knabbert an den Wurzeln eines Rosenstocks. Ihre Berührung soll Glück bringen, weshalb sie schon reichlich befingert aussieht.
Beim Beknabbern dieses Rosenstocks hat sie den Lübeckern eher kein Glück gebracht und das kam so: Es ging die Sage um, dass die Stadt frei sein würde, so lange dieser Rosenstück blüht und gedeiht. Nun, irgendwann verkümmerte er und prompt kam Lübeck für 25 Jahre unter dänische Herrschaft. Das war irgendwann im Mittelalter. Die Leute gingen der Sache auf den Grund und fanden diese Maus zwischen den Wurzeln.
Die Marienkirche war die Kirche der Bürger, Kaufleute und des Rates der Stadt. Der hatte darin natürlich seine eigene Kapelle mit darüberliegender Schatzkammer, der „Trese“.
Dumm nur, dass man dort heute keine Schätze mehr findet, nur noch Staub und Spinnweben.
Beim Brand 1942 wurde auch der „Lübecker Totentanz“ von Bernt Notke zerstört. Auf diesem Fries tanzt der Tod vor der Kulisse Lübecks mit jedem, vom Kind über den Bettler bis zum Edelmann, um klar zu machen, dass er jeden holen kann. An dieses Kunstwerk erinnert heute das Totentanzfenster.
Der Tod spielt auch eine Rolle bei dieser Figur, die in einigen Metern Höhe an der Fassade sitzt.
Die Sage spricht von einem reichen Lübecker Kaufmann. Immer wenn der Tod zu ihm kam, schickte der ihn wieder weg mit den Worten: Ich habe keine Zeit zum Sterben, komm später wieder.
Irgendwann hat ihn der Tod vergessen, er wurde alt, krank und gebrechlich und wollte jetzt doch sterben. Doch der Tod kam nicht mehr.
Der Kaufmann hörte, dass der Tod jeden Sonntag um Mitternacht in der Marienkirche sein sollte. Nur die Kirche war Nachts abgeschlossen. Aber es stand ein Gerüst an der Fassade und da kletterte er mit seinen morschen Knochen hinauf, in der Hoffnung, irgendwo ein offenes Fenster zu finden. Das fand er nicht und so blieb er in dieser Nische sitzen, denn er traute sich nicht mehr herunter. Zu Anfang brachten ihm die Leute noch Essen auf seinen einsamen Posten, doch irgendwann vergaßen sie ihn und er wurde zu Stein. Und so sitzt er heute noch da.
Das war das Touristen-Pflichtprogramm. Aber ich habe natürlich noch mehr gesehen. Das kommt in den nächsten Beiträgen.
Infos Stellplatz Lübeck
Adresse: Willy-Brandt-Allee/Lastadie, 23554 Lübeck
Google-Maps Koordinaten: 53.871609,10.678686
Kosten: 6€ von 10:00 bis 18:00, Sonntags frei
V+E: nein
Strom: nein
Bemerkungen: Altstadtinsel fünf Minuten entfernt, nicht ganz ruhig (Verkehr), teilweise Schatten, keine Zeitbegrenzung. Zufahrt eng für große WoMos
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Gruß
Henning
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Leider der heutige Kaak optisch nur den oberen Teil gemein, auch ist dieser Kleiner! Hier eine Zeichnung mit dem alten Original:
http://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Lübeck_RRD.jpg
Schöner wärs gewesen wenn 1986/87 man sich eher ans Original gehalten hätte.
Zu Lübeck, was dringend fehlt sind die Hinterhöfe, die Gässchen und besonders das Marionetten und Figurenmusseum Fey http://www.theaterfigurenmuseum.de/de/index.html da hab ich mal mal ausgeholfen und bei Filmchen aus Assistent mitgewirkt.
Gruß
Olli
Moin Landsmann Olli,
bin mir nicht sicher, aber der Ur-Kaak war zu Anfang unten offen und man hat ihn erst später zugemauert. Ich meine, als der zugemauert wurde, kamen Läden für Butter rein. Dein Bild ist von 1820, da war das bestimmt auch kein Pranger mehr. Muss ich Muttern fragen, die war lange Jahre Stadtführerin.
Höfe und Gänge kommen noch, ich war aber nicht in allen, hatte runde Füße am Montag.
So hab ich auch noch Stoff für weitere Entdeckungen.
Man kommt z.B. mit einer Führung doch auf den Nordturm der Marienkirche und unter den Dachstuhl sogar bis in den Dachreiter. Geht aber nur im Sommer und nur am Wochenende, wird bei mir also dieses Jahr nix mehr
Das Marionettentheater ist toll, aber dass ich da drin war, ist schon ewig her.
Wenn du eine gute Geschichte dazu hast, schreib doch einen Gastbeitrag, wird gerne genommen.
Gruß
Henning
Folgendes zum Kaak von meiner Mutter:
Der ursprüngliche Kaak war tatsächlich unten offen, sowie heute auch. Wann genau das Erdgeschoss zugemauert wurde, weiß sie nicht, es muss aber vor 1820 (Ollis Bild) gewesen sein.
Im offenen Ur-Kaak waren Butterbuden.
Sie kann sich erinnern, dass vor dem Abriss des Kaak (erst lange nach dem Krieg) ein Reisebüro unten drin war.
Moin Henning
Sehr schön deine „Stadtrundfahrt“ in Lübeck. Da kommen Erinnerungen auf :-)… Vor fast 30 Jahren wohnte dort meine Oma im Stadtteil Brandenbaum, dicht an der Grenze. Ich war oft zu Besuch dort.
Viele Grüsse Frank